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TGD beim integrationspolitischen Dialog mit der Kanzlerin

Freitag, der 3. Juli 2015Aktivitäten

Bei dem Treffen mit Vertretern und Vertreterinnen von bundesweiten Migranten(dach)organisatoren, überregionalen Zusammenschlüssen von Migrantenorganisationen sowie fachspezifischen Migrantenvertretungen wurden in einer offenen Gesprächsrunde aktuelle migrations- und integrationspolitische Themen erörtert. Die Türkische Gemeinde in Deutschland wurde durch ihren Bundesvorsitzenden Gökay Sofuoğlu vertreten, der die Gelegenheit genutzt hat, die Kanzlerin insbesondere auf zwei Themenfelder aufmerksam zu machen, in denen aus Sicht der TGD dringender Handlungsbedarf besteht.
1.    Diversity Management in der Wohlfahrtspflege / Versorgungslage von Migrantinnen und Migranten
2.    Wirksamer Diskriminierungsschutz

Zu den Positionen im Einzelnen:
Zu 1. Um die Migrationsgesellschaft zukunftsfähig gestalten zu können, ist es nötig bisherige Systeme und gewohnte Abläufe zu hinterfragen und ggf. neu zu organinisieren. Hierzu ist eine ehrliche Auswertung notwendig z. B. für den Bereich der Wohlfahrtspflege. Die Versorgungslage sollte evaluiert werden und sollte sich herausstellen, dass eine Unterversorgung für bestimmte Zielgruppen besteht, wie es etwa im Bereich der Altenpflege oder der Unterstützung von Familien mit behinderten Kindern nachgewiesen ist, müssen Neujustierungen erfolgen. Um diese Veränderungen durchzusetzen, braucht es eine starke Interessensvertretung seitens der Migrantinnen und Migranten. Obwohl die Entstehung eines muslimischen Wohlfahrtsverbandes zu begrüßen ist, kann es nicht sein, dass das einzige „migrantische Auge“ auf diese Bereiche ein muslimisches ist. Das würde die Vielfältigkeit der Gesellschaft nur sehr unzureichend widerspiegeln. Gemeinsam mit zehn anderen bundesweiten Migrantenverbänden hat die TGD den Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege gegründet ( https://www.tgd.de/2014/06/05/grundung-des-verbandes-fur-interkulturelle-wohlfahrtspflege-empowerment-und-diversity-viw/ ), um in diesem Sinne einen Ansprechpartner für den Bund aufzubauen.

Zu 2. Deutschland hat vor kurzem in Sachen Migrations- und Integrationspolitik im Rahmen der MIPEX Studie ein sehr gutes Zeugnis bekommen (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/integration-deutschland-im-mipex-index-unter-den-top-ten-a-1038053.html ). Das ist der Lohn für die großen Bemühungen der letzten Jahre, für die sich die TGD im Rahmen des integrationspolitischen Dialogs ausdrücklich bedankt hat. Die Studie weist allerdings auch einen sehr wichtigen Bereich auf, in dem Deutschland schwächelt und auf einem Niveau verortet wird mit Tschechien oder der Türkei und das ist der Schutz vor Diskriminierung. Mit Blick auf die Erfahrungen von Menschen mit Migrationsgeschichte oder einem nichtdeutschen Namen in den Bereichen Schule, Arbeitsmarkt, Wohnungssuche muss man die IST – Situation als alarmierend bezeichnen ( http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Ethnische_Herkunft/Ethnische_Herkunft_node.html ). Die Wertschätzung für Menschen drückt sich sehr stark darin aus, welche Bemühungen zu ihrem Schutz unternommen werden. Das ist nicht nur ein entscheidender Faktor für die Attraktivität Deutschlands im Ausland,  sondern beeinflusst auch die Ausgangslage in Deutschland in hohem Maße.  Hätte man  vor 20 Jahren einen wirksamen Diskriminierungsschutz etwa an Schulen und beim Zugang zum Arbeitsmarkt installiert, hätten wir heute vielleicht kein Fachkräfteproblem. Vermutlich hätten wir  auch weniger Schwierigkeiten mit sich radikalisierenden Jugendlichen. Es gibt also viele gute Gründe in diesem Feld endlich aktiv zu werden.