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Ein Plädoyer voller Lücken

Berlin – Die Türkische Gemeinde in Deutschland kritisiert das Auftakt-Plädoyer der Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess vor dem OLG München am vergangenen Dienstag. Dazu erklärt der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoğlu:

„Die für uns drängendsten Fragen wurden von der Bundesanwaltschaft als nicht verfahrensrelevant eingestuft. Wie groß war das Netzwerk? Wer sind die UnterstützerInnen? Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz? Welche Rolle spielte institutioneller Rassismus? Für uns ist es unbegreiflich, dass diese Fragen nicht Gegenstand des Plädoyers sind.“

Die Bundesanwaltschaft hat den Täterkreis von Beginn an auf das Trio beschränkt, obwohl in nahezu allen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen Hinweise auf ein gut organisiertes Netzwerk zutage getreten sind. Diese Verengung der Perspektive macht es nahezu unmöglich, die weitreichende Verflechtung und den Zusammenhang zwischen dem Verfassungsschutz, seinen V-Leuten, HelferInnen des Trios und Ermittlungsmethoden von Sicherheitsbehörden zu erfassen.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland verlangt die lückenlose Aufklärung und juristische Verfolgung von staatlichen HelferInnen und UnterstützerInnen und von lokalen rechtsterroristischen Unterstützernetzwerken. Gökay Sofuoğlu kritisiert:

„Angela Merkel hatte den Opfern eine lückenlose Aufklärung versprochen. Was uns die Bundesanwaltschaft präsentiert, ist eine Aufklärung voller Lücken. Die Opfer haben ein Recht darauf, alle Hintergründe der Morde zu erfahren.“

Sofuoğlu appelliert an die jetzige und zukünftige Bundesregierung:

„Solange die mutmaßlichen HelferInnen immer noch frei sind, solange die Ermittlungen von den Sicherheitsbehörden blockiert werden, solange Opfer zu Tätern gemacht werden, solange Rassismus Teil von staatlichen Strukturen ist, solange ist das friedliche Zusammenleben aller Menschen in diesem Land gefährdet.“

Zudem muss die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus stärker auf die öffentliche und politische Agenda rücken. Das Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen, die jüngsten Enthüllungen über rechtsradikale Strömungen in der Bundeswehr, aber auch Diskriminierung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt zeigen, dass Rassismus eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellt. Es braucht einen Aufschrei unserer Zivilgesellschaft, unabhängig von Religion, Herkunft oder sexueller Orientierung, um Rassismus zu bekämpfen.

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