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Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums des Innern ist restriktiv und widerspricht den bisherigen Versprechungen und Positionen der Regierungsparteien!

Mittwoch, der 5. September 20012001, Pressemitteilungen

Der Bericht der »unabhängigen Kommission Zuwanderung« unter Vorsitz von Frau Prof. Süssmuth  fand in der Öffentlichkeit große Beachtung. Auch die TGD als Einwandererorganisation hat trotz mancher Kritikpunkte die umfassenden Vorschläge der Kommission im wesentlichen begrüßt (Presseerklärung vom 6.7.2001).

Die Mitglieder der Kommission müssten sich nun nach Vorlage des Gesetzentwurfes von Herrn Schily recht brüskiert fühlen. Vor allem für die in Deutschland lebenden Nichtdeutschen und ihre Integration in die deutsche Gesellschaft sieht der Entwurf Schilys Verschärfungen vor. Konstruktive Vorschläge der Unabhängigen Kommission bleiben in seinem Entwurf unberücksichtigt. Er widerspricht auch den bisherigen Positionen von SPD und Bündnisgrünen. Die Begründung, man brauche die Zustimmung der Unionsparteien im Bundesrat, ist mehr als ärgerlich. Die Regierungsparteien sind nicht für eine Verschärfung des Ausländerrechts eingetreten, sondern für eine Reform zur Verbesserung der Rahmenbedingungen einer zeitgemäßen Integrationspolitik.

  • Schilys Entwurf zementiert nicht nur, er verschärft das bestehende Ausländergesetz als Abwehrrecht;
  • er macht allein die ökonomischen Interessen der Unternehmen zur Maxime seines Handelns;
  • die »wirtschaftlich und sozial weniger nützlichen Ausländer« sollen nach diesem Entwurf nur unter kaum erfüllbaren Bedingungen eine Verfestigung ihres Aufenthaltsstatus erwerben dürfen und somit einem dauerhaften Ermessensspielraum der Behörden unterworfen werden.

Dazu nur wenige Beispiele:

–    § 9 erschwert die Bedingungen für den Erwerb der Niederlassungserlaubnis, die jetzt die einzige Form der Verfestigung des Aufenthalts darstellt. Nummer 7 verlangt »ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache«, ähnlich wie beim Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Im geltenden Ausländergesetz reichen dagegen »einfache Sprachkenntnisse« aus. Nummer 8 verlangt sogar »Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet«. Zur Zeit haben rund 2,7 Millionen – und damit jeder dritte – Nichtdeutsche keinen verfestigten Aufenthaltsstatus und wären mit diesen Bedingungen konfrontiert. Die meisten von ihnen sind kaum in der Lage, diese Voraussetzungen für eine Verfestigung zu erfüllen.

–    § 32 senkt das Nachzugsalter für Kinder von 16 auf 12 Jahre, obwohl die Europäische Kommission eine Erhöhung des Nachzugsalters auf 18 Jahre vorschlägt.

–    § 69 sieht eine massive Erhöhung der Gebühren für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor.

–    Gemäß § 45 droht Ausländern eventuell sogar die Ausweisung, wenn sie die Teilnahme an einem »Integrationskurs« verweigern.

Der Gesetzentwurf lässt für die in Deutschland lebende Migrantenbevölkerung sehr zentralen Vorschläge der Unabhängigen Kommission völlig außer acht:

–    Eine erleichterte Einbürgerung für ältere Migranten, die bis zum Anwerbestopp im Jahre 1973 nach Deutschland kamen. Für diese Menschen wird eine großzügige Handhabung der Zulassung der Mehrstaatigkeit und Befreiung von den Anforderungen des Nachweises der deutschen Sprachkenntnisse empfohlen.

–    Für die in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Menschen wird ein Ausweisungsschutz vorgeschlagen.

Diese Vorschläge der Zuwanderungskommission gehören seit Jahren zu unseren zentralen Forderungen.

Wir appellieren dringend an die Regierungskoalition, auf keinen Fall eine Verschärfung des jetzigen Zustands hinzunehmen. Uns als Betroffenen ist die Beibehaltung der geltenden Gesetze immer noch lieber als eine Verschlechterung durch den neuen Entwurf. Eine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf wird die Glaubwürdigkeit von SPD und Bündnisgrünen nachhaltig beschädigen.

Prof. Dr. Hakk? Keskin