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Menschenrechte verteidigen – Gleichstellung verwirklichen

Dienstag, der 8. März 2011Bildung und Kultur, Themen

1. Ehrenmorddebatte

Durch die Ermordung der Berliner Türkin Hatun Sürücu im Februar 2005 wurde ein längst überfälliger Diskurs entfacht. Ein Thema, das bis dato kaum oder wenig im öffentlichen Blick war wurde zunehmend leidenschaftlich diskutiert. In der Folge kristallisierten sich zunächst sehr unterschiedliche Positionen heraus, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Auf der einen Seite wurde argumentiert, das der türkische Migrationshintergrund und oder der Islam der Quell jeglicher Menschenrechtsverletzung sei und die Communities endlich einmal „aufräumen“ müssten. Auf der anderen Seite, nicht nur aber vor allem in den Communities, wurde diese These mit Empörung aufgenommen und jede Kritik weit weg gewiesen.

Inzwischen sind zwei Jahre vergangen und in den meisten Kreisen ist es keine strittige Frage, dass Menschenrechtsverletzungen an Frauen kein spezifisch türkisch-muslimisches Thema sind, sondern dass Menschenrechtsverletzungen leider auch in Familien unterschiedlicher Herkunft, Religions-, Bildungs- und Schichtzugehörigkeit vorkommen.

Dennoch ist es im Rahmen einer objektiven Problemanalyse von entscheidender Bedeutung, auf gruppenspezifische Charakteristika zu schauen. Bei einer solchen Betrachtung stellt sich die Situation türkischstämmiger und/oder muslimischer Frauen in vielen Bereichen ungleich komplizierter dar, als die Situation von Frauen der Mehrheitsgesellschaft.

Als vor mehr als 45 Jahren zahlreiche türkische Familien nach Deutschland immigrierten, waren sie gezwungen, sich in kurzer Zeit an einen radikal veränderten sozialen, kulturellen und ökologischen Kontext anzupassen. Und auch heute noch ist das Leben in der Migration für türkische Familien verbunden mit ganz speziellen Belastungen, die ihren Alltag bestimmen. Dazu gehören nicht selten der ausländerrechtliche Status, Sprach- und Bildungsbarrieren sowie wachsende Arbeitslosigkeit. Schließlich sind Migrantinnen Diskriminierungen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen und fremdenfeindlichen Gewaltakten ausgesetzt. Unter anderem bedingt durch diese Faktoren, erleben wir einen zunehmenden Rückzug der Communities aus der Mehrheitsgesellschaft.

Die allgemeine Debatte in Bezug auf die türkische bzw. islamische Frau bewegt sich häufig um Zwangsverheiratung, Ehrenmord, Heiratsmigration, häusliche Gewalt und die Bildungsproblematik ihrer Kinder. Der öffentliche Blick rückt vor allem ganz bestimmte Gruppen in den Focus, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht. Vor allem betrifft dies Frauen aus der Türkei und/oder Muslimas.

Wenn man sich einem so riskanten Thema, wie Menschenrechtsverletzungen an Frauen im Allgemeinen und an Migrantinnen im Speziellen zuwendet, befindet man sich immer auch auf einer Gratwanderung. Einer Gratwanderung zwischen einer objektiven Problemanalyse und der Interpretation auf der Grundlage der eigenen – oft sehr subjektiven – Ansichten.

Ein Beispiel für eine einseitige Betrachtungsweise ist die häufig sehr klischeehafte und damit stigmatisierende Darstellung von Migrantinnen in den Medien und Publikationen der Mehrheitsgesellschaft. Frauen mit türkischem Migrationshintergrund werden oft als “Opfer” dargestellt, als handlungsunfähig und umfassend abhängig. Insbesondere Muslimas gelten als unterdrückt, unfrei und in ihren Lebenswahlmöglichkeiten eingeschränkt.

Diese Sichtweise ist aus Sicht der TGD nicht geeignet um darauf Präventions- bzw. Interventionsprojekte zu gründen. Diese Sichtweise kann vielmehr sogar dazu führen, dass Communities sich einer Debatte zunehmend mehr verschließen.

Es steht außer Frage, dass es keinerlei Legitimation für Ehrenmorde geben kann. Dennoch ist es notwendig die unterschiedlichen Perspektiven in die Debatte aufzunehmen, um damit eine lösungsorientierte, konstruktive und wirksame Auseinadersetzung in Gang zu setzen. Nur auf diese Weise können echte Veränderungs- und Aufklärungsprozesse eingeleitet werden.

 

2. Gewalt gegen Frauen im häuslichen Kontext

Gewalt gegen Frauen im häuslichen Kontext ist leider nach wie vor ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft. Von häuslicher Gewalt Frauen mit dem unterschiedlichsten Hintergrund, aus den unterschiedlichsten Bildungs- und Sozialschichten betroffen. Dennoch scheint es gewisse Unterschiede zu geben, was die Häufigkeit der Gewaltanwendung betrifft.

Erste Studien zum Ausmaß der Gewalt gegen Frauen in Deutschland zeigen, dass Migrantinnen etwas häufiger von Gewalt durch einen Lebenspartner betroffen sind als deutsche Frauen. Insbesondere türkische Frauen erleben schwerwiegendere Folgen von Gewalt. Aber auch Frauen osteuropäischer Abstammung sind zum Teil von schwerwiegenderen Angriffen betroffen. Aus der Arbeit der Frauenhäuser ist zudem bekannt, dass Frauen mit Migrationshintergrund in einem Großteil der Einrichtungen überrepräsentiert sind.

Migrantinnen werden nicht nur Opfer von Misshandlung, sondern zum Teil ergeben sich auch kulturelle und rechtliche Barrieren bei der Suche nach Hilfe. Die trifft insbesondere für die Gruppe der so genannten Heiratsmigrantinnen zu. Ein Teil dieser Frauen lebt in Deutschland isoliert vom Umfeld und sprachliche Schwierigkeiten behindern ihre Suche nach Information und Hilfe. Familiäre Unterstützungsnetzwerke habe die Frauen dabei meist im Herkunftsland zurücklassen müssen. Durch negative Erfahrungen in ihrem Herkunftsland kann ihnen auch das Vertrauen zu Polizei und Gerichten fehlen. In Deutschland treffen sie auf ein unbekanntes neues Leben und vielfach auch Vorurteile oder Diskriminierungen. Darüber hinaus wird Gewalt gegen Frauen in einigen Herkunftsstaaten nicht als Straftat oder Unrecht gewertet.

Trotz dieser Unterschiede haben Migrantinnen und Frauen der Mehrheitsgesellschaft aber eins gemeinsam: Sie erleiden dieselben Misshandlungen und Gewalttätigkeiten. Die neuen Rechte für Opfer von Misshandlungen gelten daher genauso für Migrantinnen wie für deutsche Frauen. Neben den für alle geltenden allgemeinen Rechtsfragen sind für Migrantinnen die sich aus dem aufenthaltsrechtlichen Status ergebenden rechtlichen Fragen zusätzlich von Bedeutung.

Für Nicht-EU-Bürgerinnen kann die Trennung von ihrem Mann wegen häuslicher Gewalt besondere Probleme bedeuten, denn häufig haben sie kein eigenständiges Aufenthaltsrecht.
Das heißt, Frauen die von Gewalt betroffen sind, benötigen dringende rechtliche Verbesserungen. Zentral sind dabei Änderungen von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zugunsten der Betroffenen. Jegliche rechtliche Barrieren müssen aufgehoben werden, um von Gewalt betroffenen Frauen die Möglichkeit zu geben, sich aus ihrer Zwangslage zu befreien. Die Angst um den eigenen Aufenthaltsstatus zwingt Frauen nicht selten dazu, sich der Gewalt zu beugen. Diese Situation darf auf keinen Fall hingenommen werden.

 

3. Zwangsverheiratung

Die Notwendigkeit von Differenzierungen, die oben bereits mehrfach angesprochen wurde, gilt vor allem für die Debatte um die Zwangsverheiratung. Häufig werden in der öffentlichen Auseinandersetzung Begriffe wie Heiratsmigration, arrangierte Ehe und Zwangsverheiratung in einen Kausalzusammenhang gebracht. Diese Form der undifferenzierten Auseinandersetzung ist unseres Erachtens nicht geeignet, um sich dem Problem lösungsorientiert zuzuwenden. Die Unterscheidung dieser unterschiedlichen Phänomene ist dringend erforderlich.

Wichtigstes Unterscheidungskriterium ist dabei, ob die Partnerwahl als selbst- oder fremdbestimmt beurteilt wird. Allerdings ist dieses Kriterium mit besonderer Vorsicht abzufragen, da dominierende Klischees, internalisierte Wertvorstellungen und unterschwellig vorhandene Zwangssituationen Untersuchungen zu diesem Thema stark verfälschen können.

Die türkische und oder islamische Community ist eine überaus heterogene Gruppe. Aus diesem Grund ist es unmöglich eine allgemeingültige Einschätzung zum Thema Zwangsverheiratung abzugeben. Daher sind objektive Untersuchungen von besonderer Bedeutung.

Neuere Untersuchungen zum Thema Zwangsverheiratung und arrangierte Ehen gibt es allerdings wenige. Eine davon ist die Studie von Frau Dr. Monika Schröttle. Im Rahmen ihrer Studie wurden 150 Frauen türkische Herkunft befragt, die in erster Ehe mit einem Partner türkischer Herkunft verheiratet waren. Das Ergebnis der Studie ergab, dass rund 9 % der Frauen, zum Zeitpunkt der Eheschließung „das Gefühl hatten zur Ehe gezwungen zu werden“ .

Die Gründe für Zwangsverheiratungen können sehr vielschichtig sein. Hierzu gehören u. a.:
• sozio-ökonomische Situation der Familie
• Bildungsgrad der Familie
• Regionale Herkunft der Familie
• Grad der traditionell-patriarchalen und religiösen Bindung

Aus der Sicht der TGD ist jede Zwangsverheiratung, gleichgültig aus welchen Gründen, eine Menschenrechtsverletzung und muss entschieden verfolgt und unterbunden werden. Gleichzeitig muss ein umfassender rechtlicher, sozialer und finanzieller Schutz für die
betroffenen Frauen ermöglicht werden.
4. Forderungen für den umfassenden Schutz betroffener Frauen

Ein umfassender Schutz für Frauen, die von Gewalt, Zwangsverheiratung bedroht sind oder gar um ihr Leben fürchten müssen erfordert umfangreiche Maßnahmen und rechtliche Anpassungen. Hierzu gehört unter anderem:

Notwendige rechtliche Absicherungen für Opfer von Gewalt in der Ehe und Zwangsheirat:
• Eigenständiges Aufenthaltsrecht
• Unbeschränktes Recht auf Wiederkehr
• Erteilung einer Niederlassungserlaubnis von Amts wegen
• Humanitärer Schutzstatus
• Strikte strafrechtlicher Verfolgung der von Gewalt und Zwangsverheiratung
• Gewährleistung der Anonymität im Rahmen von Schutzprogrammen
• Öffnung von Zeugenschutzprogrammen
• Finanzielle Hilfe für Betroffene (Sicherung des Lebensunterhalts, Umzug)

Ausbau von Schutzmaßnahmen für betroffene Frauen:
• Förderung präventiver Maßnahmen
• Förderung von Beratungs- und Hilfseinrichtungen
• Förderung kultursensibler und niedrigschwelliger Angebote
• Förderung von Projekten zur Unterstützung des Einstiegs in Schule, Ausbildung, Beruf
• Förderung von Sprachkursen mit kostenloser Kinderbetreuung
• Ausbau der Hilfeleistungen beim Umgang mit Behörden, Polizei und Gerichten
• Zielgruppenadäquate familien- und communitybezogene Aufklärungsarbeit
• Stadteilbezogene Aufklärungsarbeit (in und mit den Quartieren)
• Einführung von Unterrichtseinheiten in Schulen zu dem Thema
• Zusammenarbeit mit Migrant/innenverbänden
• Vernetzung von Beratungs- und Hilfseinrichtungen
• Durchführung repräsentativer und differenzierter Studien zum Thema
• Einrichtung einer vielsprachigen Telefonhotline

 

5. Kriterien einer nachhaltigen Präventions- und Interventionsarbeit

Die dringend notwendige Auseinandersetzung in Bezug auf die Stellung und Gleichstellung der Frau kann nur Erfolg haben, wenn die Communities als Partner/innen einbezogen werden. Dafür benötigen wir den differenzierten Blick, der zwischen der Benachteiligung im Sinne eines westlichen Emanzipationsbegriffs und tatsächlicher Benachteiligung zu unterscheiden vermag.

Dieser differenzierte Blick ist auch erforderlich, wenn wir versuchen, die Ressourcen zu lokalisieren: Auch Ressourcen unterliegen speziellen Bewertungskriterien. Was in einem Zusammenhang als Ressource bewertet wird, kann in einem anderen Zusammenhang bedeutungslos sein oder sogar als schädlich angesehen werden.

Zum Beispiel: In einem Kontext, kann die Familie die Einschränkung der Erfüllung individueller Bedürfnisse bedeuten und in einem anderen eine bedeutende Ressource darstellen. Das Nutzen familiärer Netzwerke kann für junge Migrantinnen eine wichtige Strategie zur Durchsetzung eigener Vorstellungen sein. So können Verwandte häufig eine helfende Funktion einnehmen.

Wichtig ist es auch in der Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund nach in der Vergangenheit effektiv eingesetzten Lösungsmustern zu suchen, um an ihnen anzuknüpfen und dadurch die eigenen Kräfte zu stärken. Häufig werden die Ressourcen und Kompetenzen, die aus der Migrationssituation erwachsen, nicht realisiert. Das Leben in verschiedenen Zusammenhängen, kann ganz besondere Fähigkeiten hervorbringen. Durch ein sensibles und differenziertes Befassen mit der Lebenssituation der Einzelnen können diese Ressourcen erkannt und genutzt werden.

Neben familiären Netzwerken müssen die unterstützenden Funktionen ethnischer Communities berücksichtigt werden. Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens zahlreiche Muster zur Bewältigung ihres Alltags. Sie haben sie in der Regel über lange Zeit erfolgreich angewandt, bevor bestimmte Konfliktkonstellationen eigene Bewältigungskompetenzen überfordern und institutionelle Hilfen notwendig machen.

Dies alles soll auf keinen Fall heißen, dass schwerwiegende Probleme klein geredet werden sollen oder etwa die Verantwortung der Communities in Frage gestellt werden soll. Das soll lediglich heißen, dass es wichtig ist die aktuellen Positionierungen zu entschärfen und den diskriminierenden Unterton aus der Diskussion zu nehmen. Der bloße Angriff führt nur zum Rückzug und eine Verhärtung der Fronten nützt niemanden. Vielmehr müssen Wege geöffnet, Verbündete gefunden, gemeinsame Projekte angestrengt und das Gespräch stetig weitergeführt werden.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland setzt sich für die Annäherung an das Selbstbestimmungsmodell ein, das in Deutschland gängig ist. Hierfür richtet die TGD ihre Bemühungen insbesondere in die „eigene“ Community. Besonders wichtig ist der TGD eine unmissverständliche Positionierung. Dazu gehört, dass sich Migrant/innenorganisationen und große Gruppen der Community aktiv an einem gemeinsamen Präventionskonzept beteiligen.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland ist der Ansicht, dass jede Präventions- und Interventionsstrategie nur unter bestimmten Bedingungen nachhaltige Erfolge sichern kann. Zu den erforderlichen Grundbedingungen für eine erfolgreiche Strategie gehören:

Erfolgskriterien für eine Präventionsstrategie:

  1. Jede Aktion muss bereits in der Konzeptionsphase die Communities mit einbeziehen. Der TBB ist der Ansicht, dass keine Präventions- und Interventionsarbeit arbeit gelingen kann, ohne die Migrant/innengruppen mit ins Boot zu holen.
  2. Erfolgreiche Präventions- und Interventionsarbeit benötigt die Bereitschaft der Mehrheitsgesellschaft. Das heißt, die Mehrheitsgesellschaft muss Migrant/innen als Teil der Gesellschaft anerkennen und das Problem als ein gemeinsames gesamtgesellschaftliches Problem definieren.
  3. Ein wichtiges Erfolgskriterium ist auch die Bereitschaft der Communities. Die Communities müssen in der Lage sein Kritik zuzulassen und sich für eine gemeinsame Problemlösungsstrategie zu öffnen. Die Bereitschaft der Communities ist oft abhängig von der Art und Weise der konstruktiven Kritik die ihnen gegenüber geäußert wird und dem Grad der Anerkennung die sie erfahren.
  4. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Realisierung eines umfassenden Empowermentkonzeptes, das die Zielgruppen in die Lage versetzt sich selbst aktiv für Schicksal einzusetzen. Vor allem müssen Frauen in schwierigen Lebenslagen erreicht und alternative Angebote bereitgestellt werden. Hierzu gehört auch die Absicherung und eventuell Ausweitung der Frauenprojekte.
  5. Ebenso wichtig ist auch ein kritischer Blick auf Diskriminierung in der Gesellschaft. Zu Prävention gehört auch Barrieren zu abzubauen, die Frauen den Weg in die Selbstständigkeit versperren könnten. Oft ist dies durch strukturelle Diskriminierung der Fall. Ziel muss es sein strukturelle Diskriminierungsfaktoren zu beseitigen.
  6. Erfolgreiche Präventions- und Interventionsarbeit gibt es nicht zum Nulltarif. Ohne den politischen Willen und ohne ausreichende finanzielle Ausstattung können keine nachhaltigen Effekte erzielt werden.
  7. TGD Kampagne zum Selbstbestimmungsrecht der Frau

Als Antwort auf oben genannte Problemlagen hat die TGD gemeinsam mit ihren Mitgliedsverbänden eine sowohl community- als auch öffentlichkeitsbezogene Aufklärungskampnagen eingeleitet. In diesem Zusammenhang wurde ein 10 Punkte Plan als Handlungsgrundlage entwickelt.

 

10-Punkte Plan zur „Bekämpfung der Intoleranz gegenüber Frauen“:

  1. Null Toleranz gegenüber jeder Art von Gewalt gegen Frauen
  2. Null Toleranz gegenüber jeglicher Diskriminierung von Frauen
  3. Null Toleranz gegenüber der Einschränkung des Selbstbestimmungsrecht von Frauen aufgrund vorgeschobener religiöser oder traditioneller Wertevorstellungen
  4. Öffentliches und aktives Bekenntnis aller türkischen und islamischen Organisationen zum uneingeschränkten Selbstbestimmungsrecht der Frauen
  5. Strikte Strafverfolgung der Zwangsverheiratung
  6. Durchführung einer langfristig angelegten communitybezogenen Aufklärungskampagne zum Thema „Gleichstellung von Mädchen und Frauen“
  7. Durchführung einer Öffentlichkeitskampagne zum Thema „diskriminierende Darstellung von türkischstämmigen Migrantinnen und/oder Muslima in der Öffentlichkeit“
  8. Ausweitung der Förderung von Projekten, die kultursensible Beratungs- und Unterstützungsangebote für Frauen bereitstellen
  9. Ausweitung der Förderung von Empowermentkonzepten, die betroffene Frauen aktivieren und ihre Handlungskompetenzen stärken
  10. Ausweitung der Förderung von Projekten die Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit in Kindertagesstätten, Vorschulen und Schulen durchführen

7. Erste Schritte in die richtige Richtung

Inzwischen hat sich allerdings auch einiges bewegt. Trotz allem wurde inzwischen eine neue Qualität in der Problemdebatte erreicht. Weite Teile der türkischen Community sind aufgewacht. Es wird leidenschaftlich über Themen gesprochen über die sehr lange gar nicht gesprochen worden ist. Nicht zuletzt auch durch den Ärger und durch das Bedürfnis sich gegenüber bestimmten Gruppen abzugrenzen ist eine lebhafte Auseinandersetzung in Gang gekommen.

Diese Bewegung ist auch bei Migrant/innenorganisationen zu beobachten, die in der Vergangenheit noch nie zu diesen Themen hörbar geworden sind. Plötzlich zeigen viele die Bereitschaft eine öffentliche Kampagne mit anzuschieben und rufen „Null Toleranz gegenüber der Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Frau!“

Die TGD ist der Ansicht, dass diese wichtige Schritte sind. Dies sind erste – wenn auch noch sehr kleine – Erfolge.

Auf diesen kleinen Schritten muss die zukünftige Strategie aufbauen. Dazu gehört, diese neue Sensibilisierung in den Communities wahrzunehmen und anzuerkennen. Das bedeutet vor allem, nicht mehr mit Schuldzuweisungen zu arbeiten, sondern dieses Potential mitzunehmen in den weiteren Prozess. Dafür müssen Mehrheits- und Minderheitengesellschaft gleichermaßen bereit sein Verantwortung zu übernehmen und den gemeinsamen Prozess zu gestalten.