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50 Jahre Migration – Deutsch-Türkisches Jubiläum

Mittwoch, der 6. April 2011Politische Partizipation, Themen, Türkei und EU

Vor 50 Jahren wurde die Arbeitsgemeinschaft zwischen Deutschland und der Türkei offiziell bestätigt.
Mittlerweile haben sich die Voraussetzungen, Probleme und Hoffnungen geändert. Die wichtigsten Fragen sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch, wie man sich menschlich annähern kann.

Zum Anlass des 50-jährigen Jubiläums organisiert sich die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) in unterschiedlichsten Netzwerken. Ziel ist es einen konstruktiven Blick in die Vergangenheit und die Zukunft zu richten. Zu den Kooperationspartnern gehören: das Dokumentationszentrum und Museum über die Migration nach Deutschland, Kulturforum Türkei Deutschland, das Haus der Kulturen der Welt und viele andere mehr.

Der Soziologe Arnold Bergstraesser formulierte bereits 1928 einen neuen Trend auf dem Deutschen Soziologentag in Zürich: “Die Wanderungsbewegungen werden Gegenstand politischer Beziehungen, diplomatischer Verhandlungen, völkerrechtlicher Abmachungen.” Er sah eine “Tendenz zu einer Art staatlicher Verantwortlichkeit für die Wanderungsbedingungen”.

Diese Migration sollte nun auf höchster Ebene gemanagt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war dies auch eine Möglichkeit diplomatische Verbindungen herzustellen und friedlich zu kooperieren. Offensicht-lich profitierten Staaten und Individuen von diesen Abkommen. Für die eine Seite garantierte die Migration Arbeitskräfte und Wirtschaftswachstum. Die andere Seite profitierte durch Geld- und Know-How-Transfers. Auch in Deutschland ent-
wickelte sich Ende der 1940er Jahre ein wirtschaftlicher Aufschwung, der bis zur Ölpreiskrise 1973 anhielt, trotz großer Kriegsschäden. Der Bedarf an Arbeitskräften war enorm und das “Wirtschaftswunder” schien gefährdet.
Also begann die Bundesrepublik Deutschland mit der strategischen Anwerbung von sogenannten “Gastarbeitern” für ihre Wirtschaft. Ganz nach dem Vorbild des deutsch-italienischen Anwerbeabkommens (1955), folgten Spanien (1960) und Griechenland (1960). Schließlich wurde am 31. Oktober 1961 das Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei unterzeichnet. Mit diesem Schritt werden die staatlichen Beziehungen auf eine praktische und arbeitspolitische Ebene gesetzt. Deutschland brauchte Arbeitskräfte – dringend. 1961 gab es noch rund 600.000 offene Stellen. Hinzukommend wollten viele Deutsche Staatsbürger Berufe in der Schwerindustrie nicht ohne weiteres annehmen.

Für viele Türken war Deutschland ein Abenteuer und näherliegender amerikanischer Traum. Sie glaubten durch harte Arbeit und Willenskraft ihr Leben verbessern zu können. Sie wollten einige Jahre hart arbeiten, Geld sparen und dann in ihre Heimat zurückkehren. Einige konnten ihren Traum verwirklichen, doch die meisten verwickelten sich in ein bindendes Netz aus Verpflichtungen gegenüber ihren Familien in der BRD und der Türkei. “Nächstes Jahr kehren wir zurück”, hieß es in vielen Familien, mehrere Jahrzehnte lang.
Theodor Marquard, Direktor der Deutschen Verbindungsstelle in Istanbul erkannte 1966 scharfsinnig:

“Viele von ihnen werden in Deutschland ein neus Leben aufbauen, sie werden dort Wurzeln schlagen und ihre Heimat nur noch als Gäste besuchen.”

Qualitative Studien der Türkischen Gemeinde in Deutschland zeigen, dass der Bedarf nach einer Fusion der Kulturen wächst. Eine neue Stufe der Migrationsbewegung und der Einsicht ist erreicht, aber noch nicht gemeistert. In ganz Deutschland werden Veranstaltungen das Meinungsbild schärfen und Diskussionen anregen.