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Rückblick: Integration braucht Teilhabe – Migrant*innen organisationen in der Flüchtlingsarbeit: Transfertagung am 7./8.12.2016

Über 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland kamen bei der Transfertagung der Türkischen Gemeinde in Deutschland „Integration braucht Teilhabe. Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit – Potentiale und Gelingensbedingungen“ zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und die Arbeit der Türkischen Gemeinde in Deutschland mit Fluchtbezug kennenzulernen.

Die TGD engagiert sich seit Beginn des Jahres 2016 gemeinsam mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern verstärkt im Bereich Flüchtlingsarbeit und setzt derzeit fünf überregionale, durch den Bund finanzierte Integrationsprojekte um. Die Tagung in Berlin am 7. und 8. Dezember diente einer ersten Bilanz dieser Arbeit. Im Austausch mit Vertreter*innen des Bundes, der verschiedenen Kooperationspartner und anderen Akteuren wurde die Rolle von Migrantenorganisationen bei der Integration von Geflüchteten näher beleuchtet (eine Fotogalerie zur Tagung finden Sie unten).

Tag 1: Standortbestimmung, Strategie und Projekte der TGD

Nach der Begrüßung durch den Bundesvorsitzenden der TGD, Gökay Sofuoğlu, gab Frau Dr. Miriam Saati, Leiterin der Unterabteilung Kinder und Jugend und der Stabstelle für Flüchtlingspolitik des Bundesfamilienministeriums, den Auftakt zum ersten Veranstaltungstag. Frau Dr. Saati stellte in ihrer Rede die Maßnahmen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in der Flüchtlingsarbeit vor und betonte die zentrale Rolle des ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete, insbesondere durch Migrantenorganisationen, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wie interkulturelle Öffnung von Förderstrukturen gelingen kann

Das anschließende Grußwort sprach Frau Honey Deihimi, Leiterin des Referats Gesellschaftliche Integration bei der Bundesintegrationsbeauftragten im Bundeskanzleramt. Am Beispiel des TGD-Projektes „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ beschrieb sie, wie eine erfolgreiche interkulturelle Öffnung von Regelstrukturen durch Abbau von Barrieren funktionieren kann: Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hatte das BMFSFJ im Dezember 2016 kurzfristig 10.000 neue Stellen im Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug bereitgestellt. Die TGD hatte diese Initiative seinerzeit begrüßt, aber sogleich mehrere Hürden aufgezeigt, die eine Teilhabe von Migrant*innen und ihren Organisationen an diesem Sonderprogramm fast unmöglich machten. Die von der TGD vorgeschlagenen Maßnahmen zum Abbau dieser Hindernisse waren dann in einem konstruktiven Dialog mit mehreren Akteuren auf Bundesebene aufgegriffen und gemeinsam umgesetzt worden:

  • Erste Hürde: Das Programm des Bundesfreiwilligendienstes war in den meisten Migranten-Communities zunächst nicht bekannt; ein gezielter Informationstransfer in die Migranten-Communities und ihre Organisationen wäre zwingend erforderlich. Über eine Förderung des Bundesinnenministeriums konnte eine Stelle zur Information und Beratung der Migranten-Communities geschaffen werden.
  • Zweite Hürde: Die Antragstellung und Abwicklung des Bundesfreiwilligendienstes ist komplex und speziell für junge Organisationen und Vereine eine administrative Herausforderung; eine vertiefte Beratung der Migrantenorganisationen im Sinne eines Empowerments müsste einer Antragstellung vorausgehen. Die BMI-geförderte Koordinationsstelle konnte diesem zusätzlichen Beratungsbedarf gerecht werden.
  • Dritte Hürde: Die Vergabe von Einsatzstellen im Bundesfreiwilligendienst funktionierte bis dato nach dem Prinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Neue Träger hatten gegenüber etablierten Akteuren ungleich schlechtere Chancen, an Plätze zu kommen. Ein gesichertes Kontingent für Migrantenorganisationen würde diesen Nachteil ausgleichen. Das Bundesfamilienministerium stellte schließlich ein Kontingent von 110 Stellen für Migranten-Communities bereit.
  • Vierte Hürde: Jede BFD-Einsatzstelle muss einen finanziellen Eigenanteil beisteuern, der für die meisten Migrantenorganisationen aus eigenen Ressourcen nicht zu leisten ist. Eine Ko-Finanzierung dieser Kosten für solche Einsatzstellen wäre erforderlich. Im Rahmen einer Modellprojektförderung konnte der Eigenanteil durch Mittel der Bundesbeauftragte für Migration und Flüchtlinge übernommen werden.

Experten für Integration – Migrantenorganisationen als politische Akteure der Einwanderungsgesellschaft

Mit einem Vortrag zur integrationspolitischen Strategie der TGD leitete Bundesgeschäftsführerin Susanna Steinbach anschließend in den fachlichen Teil der Tagung über. Das Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten liegt nicht zuletzt im Selbstverständnis der TGD als Gestalterin einer teilhabegerechten Gesellschaft begründet. Ziel der Arbeit des Verbandes in allen Bereichen ist eine lebendige Migrationsgesellschaft, in der Vielfalt gefördert wird. Hierfür ist es notwendig, dass Migranten-Communities als eigenständige Akteure der Integrationsarbeit wahrgenommen werden und ihre Interessen in den politischen Prozess einbringen können. Um dies zu erreichen, richtet sich die Strategie der TGD in erster Linie an zwei Zielgruppen:

  • Migrant*innen bzw. Menschen mit Einwanderungsgeschichte und ihre Organisationen,
  • Akteure aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

Empowerment ist die Methode, um sowohl TGD-Verbände als auch andere Migranten-organisationen als politische Akteure zu etablieren und zu stärken. Dies geschieht im Einzelnen durch:

  • Beratung und Coaching in der Organisationsentwicklung,
  • Know-how-Transfer (Fördermittelakquise, Projektmanagement),
  • politische Strategieentwicklung und Weiterleitung von öffentlichen Geldern.

Über die Sensibilisierung für Diversity treibt die TGD gleichzeitig die interkulturelle Öffnung von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft voran. Das heißt konkret:

  • Mitarbeit in Fachgremien und Strategiekreisen,
  • Sensibilisierung für institutionelle Benachteiligung und Rassismus,
  • Impulse zur Interkulturellen Öffnung von Förderprogrammen,
  • Transfer von lokalen migrationspolitischen Interessen in die Bundesebene.

Ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingsarbeit – Strukturen,  Motive und Empfehlungen für politisches Handeln

Der zweite Fachimpuls kam von Dr. Serhat Karakayalı, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM). In seinem Vortrag stellte Dr. Karakayalı seine Studie zu ehrenamtlicher Flüchtlingsarbeit in Deutschland seit 2015 vor und erläuterte Hintergründe, Motive und Wirkung des freiwilligen Engagements. Aus seiner Befragung einer Vielzahl von Ehrenamtlichen der letzten Monate geht hervor, dass das Engagement für Geflüchtete oft einhergeht mit einer empfundenen Verantwortung für die Gesellschaft, in der man lebt, und einem Wunsch nach Mitgestaltung und Teilhabe. Insbesondere bei Flüchtlingshelfern mit Migrationshintergrund ist zu beobachten, dass das ehrenamtliche Engagement zu einer stärkeren Identifikation mit der deutschen Gesellschaft und ihrer Werteordnung führt. Zugleich wirkt diese Form des Engagements vielerorts wie ein „Plebiszit“ gegen rechte Mobilisierung. Um das ehrenamtliche Engagement für Geflüchtete mit seinen positiven Nebeneffekten nachhaltig zu unterstützen, hat Dr. Karakayalı u. a. folgende Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger formuliert:

  • ehrenamtliche Initiativen sollen stärker von der Zivilgesellschaft unterstützt werden
  • Medien und Politik müssen die Arbeit der Initiativen sichtbar machen
  • Koordinationsstellen müssen finanziell abgesichert werden
  • Initiativen brauchen Supervision und Weiterbildung
  • Selbstorganisation und Teilhabe von Geflüchteten muss gefördert werden

Patenschaften, Freiwilligendienste, Fortbildungen für Ehrenamtliche aus Migrantenorganisationen – erfolgreiche Integrationsprojekte der TGD

In einem Gallery Walk zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages konnten sich die Tagungsteilnehmer*innen schließlich über die fünf aktuellen Projekte der TGD im Bereich Flüchtlingsarbeit informieren und austauschen:

GEMEINSAM. SCHAFFEN. PATENSCHAFTEN FÜR DAS WIR DER VERSCHIEDENEN.

Im Rahmen des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert die TGD im Patenschafts-programm „Gemeinsam. Schaffen. Patenschaften für das WIR der Verschiedenen“ bundes-weit Migrantenorganisationen in der Bildung von Patenschaften zwischen Ehrenamtlichen und geflüchteten Menschen. Im Fokus stehen insbesondere Organisationen, die aufgrund ihrer sprachlichen und kulturellen Nähe bevorzugte Anlaufstellen für Menschen mit Fluchterfahrung sind und die bereits über Erfahrungen in der Arbeit mit geflüchteten Menschen verfügen. 12 Vereine aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich 2016 an diesem Projekt beteiligt und insgesamt fast 1600 Patenschaften auf den Weg gebracht. Gemeinsam.Schaffen wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

HEIMAT TEILEN – TEILHABE DURCH ORIENTIERUNG

Mit dem Projekt „Heimat teilen – Teilhabe durch Orientierung“ hat die Türkische Gemeinde in Deutschland ein bundesweites Qualifizierungsprogramm für Flüchtlingshelfer*innen ins Leben gerufen. Hauptamtliche Koordinator*innen in den TGD-Landesverbänden Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein stärken ehrenamtliche Flüchtlingshelfer*innen vor Ort durch Fortbildungsangebote, Beratung und Vernetzung. Die Schulungen vermitteln fachliche Grundlagen für die ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten und richten sich explizit an Aktive aus Migrantenorganisationen. Im Rahmen der Qualifizierung entwickeln und realisieren ehrenamtliche Helfer*innen eigene Begegnungs- und Teilhabeprojekte mit Geflüchteten. Bis Ende 2016 haben mehr als einhundert Multiplikator*innen eine solche Fortbildung absolviert. HEIMAT TEILEN wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern.

BUNDESFREIWILLIGENDIENST DER TÜRKISCHEN GEMEINDE IN DEUTSCHLAND

Der Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug wurde ins Leben gerufen, um Vereine bei ihrer Arbeit mit Geflüchteten zu unterstützen und Ehrenamtliche zu entlasten. Auch Geflüchtete selbst können nun als Bundesfreiwillige tätig werden, egal ob sie Asylberechtigte oder Asylbewerber*innen sind. Um die interkulturellen Öffnung des Bundesfreiwilligendienstes zu fördern und weiter voranzutreiben, arbeitet die Türkische Gemeinde in Deutschland eng mit der Zentralstelle Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zusammen. In Kooperation mit bundesweit 22 Migrantenorganisationen und muslimischen Gemeinden konnten auf diese Weise im Jahr 2016 rund 90 Bundesfreiwilligendienste mit Flüchtlingsbezug realisiert werden. Der Bundesfreiwilligendienst der TGD wird gefördert durch die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration und das Bundesministerium des Innern.

KONZEPT ZUM SCHUTZ VON FRAUEN UND LSBTTIQ MIT FLUCHTERFAHRUNG

In enger Kooperation mit ihrem Landesverband, der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg, unterstützt die Türkische Gemeinde in Deutschland haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer*innen sowie Organisationen, die Angebote für geflüchtete Menschen bereithalten, in Bezug auf den Schutz von geflüchteten Frauen und LSBTTIQ. Lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle oder queere geflüchtete Menschen sowie Frauen in Notsituationen erhalten Hilfe durch Schaffung von geschützten Räumen, Vermittlung von psychosozialer und rechtlicher Beratung, durch Hilfe-Patenschaften und eine Notfall-Hotline. Das Engagement der ehrenamtlichen Helfer*innen wird durch Schulungsmaßnahmen gestärkt. Aufklärungsveranstaltungen und gezielte Netzwerkarbeit fördern die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Institutionen für dieses Thema. KONZEPT ZUM SCHUTZ VON FRAUEN UND LSBTTIQ wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

MEINLAND – ZEIT FÜR ZUKUNT – JEF

Die Türkische Gemeinde in Deutschland initiiert unter dem Titel „MeinLand – Zeit für Zukunft – JEF“ kulturelle Bildungsangebote für junge geflüchtete Erwachsene von 18 bis 26 Jahren. Die einzelnen Projekte werden von lokalen Dreier-Bündnissen – bestehend aus einer Migrantenorganisation, einer kommunalen Institution und einer Kultureinrichtung – sozialraumnah geplant und durchgeführt. In mehrtägigen Schreib-, Film-, Foto- oder Medien-Workshops setzen sich die Teilnehmenden produktiv mit ihrer Lebenswelt auseinander. Die so entstandenen Arbeitsergebnisse werden im Rahmen eines weiteren Seminars zusammengestellt und für die abschließende öffentliche Präsentation vorbereitet.

Das Projekt ist in der zweiten Jahreshälfte 2016 bundesweit mit bislang 10 Bündnissen gestartet. MEINLAND wird gefördert im Programm „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Tag 2: Austausch und Know-how-Transfer

Nachdem am Vortag integrationspolitische Strategien staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure vorgestellt wurden, war der zweite Veranstaltungstag dem Austausch über die Praxis und Bedingungen der Integrations- und Flüchtlingsarbeit an der Basis gewidmet.

Selbstorganisation, Teilhabe, Empowerment in der Migrationsgesellschaft

In einem überaus anschaulichen Vortrag schilderte Christian Jakob, Redakteur der tageszeitung (taz) und Autor des Buches „Die Bleibenden –Wie Flüchtlinge Deutschland seit 20 Jahren verändern“, die Geschichte der Flüchtlingsbewegung. Er machte deutlich, dass die seit Herbst 2015 vielbeschworene „Willkommenskultur“ nicht voraussetzungslos aus dem Nichts erscheinen konnte. Vielmehr setzten sich seit den 80er Jahren unermüdlich zivilgesellschaftliche Vertreter wie Flüchtlingsinitiativen, kirchliche Gruppen, NGOs, politische Aktivisten und Einzelpersonen für eine Verbesserung der Situation von Geflüchteten ein. Ging es anfangs um ein Aufbrechen der Isolation Geflüchteter von der Mehrheitsgesellschaft, rückten zunehmend Forderungen nach gesellschaftlicher und politischer Teilhabe in den Vordergrund. Ein Verdienst der Flüchtlingsbewegung, die zuletzt mit Aktionen wie der Besetzung des Oranienplatzes auf sich aufmerksam machen konnte, ist nicht zuletzt die Artikulation eigener Positionen und Forderungen Geflüchteter. Jakobs Fazit: Die allmähliche Veränderung der deutschen Gesellschaft über einen Zeitraum von 20 Jahren hin zu einer immer breiteren Wahrnehmung der Situation von Geflüchteten, erscheint heute –zum Nachteil einer „zu spät gekommenen“ AfD und zum Vorteil der Demokratiebewegung – unumkehrbar.

Ergänzend zu diesem Rückblick auf die Geschichte der Flüchtlingsbewegung gab im Anschluss Dr. Ertekin Özcan, Jurist, Politologe, Autor und TGD-Gründungsmitglied einen detaillierten Abriss der Entwicklung der Migrantenselbstorganisationen in Deutschland. In seinem Vortrag arbeitete Dr. Özczan die Rolle der Migrantenorganisationen für die Integration von Migrant*innen in den vergangenen Jahrzehnten am Beispiel der türkeistämmigen Community heraus. Selbstorganisation erfolgte zunächst aus Motiven der Selbstvergewisserung und gegenseitigen Solidarität und schuf gleichzeitig die notwendige Voraussetzung, um eigene Interessen artikulieren und gesellschaftliche Teilhabe einfordern zu können. Anhand der Organisationen türkeistämmiger Migrant*innen in Deutschland und ihrem beharrlichen Streiten für politische Partizipation zeigte Dr. Özcan auf, dass Migrantenorganisationen längst unverzichtbare Partner für eine gelingende Integrationspolitik sind.

Wege zur Teilhabe – Unterstützung für Geflüchtete und ehrenamtliche Helfer

In dem anschließenden Praxisteil wurden unter dem Stichwort „Wege zur Teilhabe“ zentrale Themen bearbeitet, mit denen ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter von Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit tagtäglich konfrontiert sind. Die Teilnehmer*innen konnten zwischen fünf Workshops wählen, die jeweils an den konkreten Bedarfen von ehren- und hauptamtlichen Flüchtlingshelfern ansetzten. Als Ergebnisse dieser Arbeitsrunden wurden jeweils eine Botschaft und eine (integrationspolitische) Forderung formuliert, die im Nachgang der Tagung von Vertreter*innen der TGD und anderen Migrantenorganisationen den Fachgremien auf Bundesebene übergeben werden:

1. Vom Sprachcafé zum Integrationskurs – Angebote im Bereich Sprachvermittlung und Alphabetisierung
Botschaft: mehr Sprachkursangebote, Informationsfluss fehlt à Kommunikation muss gestärkt werden
Forderung: Sprachkurse für alle, parallel Kinderbetreuung, mehr Gelder für kleine Projekte, niederschwellige Männerkurse fehlen

2. Strategien zur Integration in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt
Botschaft: Möglichkeit des uneingeschränkten Arbeitszuganges dauert zu lange
Forderung: Rechtssicherheit bereits ab Einstiegsqualifizierung

3. Zugänge zum Wohnungsmarkt – Handlungsmöglichkeiten und Praxiserfahrungen
Botschaft: Wohnraum = Basis für geregeltes Leben = soziale Teilhabe = Voraussetzung für Teilhabe
Forderung: 1. politischer Wille (Einbeziehung der Migrantenorganisationen) zur Verbesserung der Unterbringung, 2. mehr Hauptamt à zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und Stärkung des Ehrenamts, 3. mehr bezahlbarer Wohnraum

4. Wir bleiben im Gespräch. Öffentlichkeitsarbeit im Kontext Integration und Flüchtlingsarbeit
Botschaft: Wie ist neutrale, objektive und informative, ausgewogene, wahrheitsgetreue Berichterstattung möglich?
Forderung: Wir fordern mehr Vielfalt in den Medien, sowohl auf personeller als auch auf Entscheidungsebene!

5. Selbstbestimmung und Selbstorganisation – Praxisbeispiele für politische Teilhabe
Botschaft: Alle profitieren von selbstbestimmter Teilhabe!
Forderung: Empowerment-Prozesse sollen auf struktureller & persönlicher Ebene möglich gemacht und systematisch gefördert werden.

Fazit
Die Tagung hat auf beeindruckende Weise das Engagement von Migrant*innen und ihren Organisationen in der Arbeit mit Geflüchteten sichtbar werden lassen. Es wurde deutlich, dass Migrantenorganisationen längst als unverzichtbare Akteure bei der Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft mitwirken. Gökay Sofuoğlu stellte fest, dass die Ergebnisse des vergangenen Jahres gezeigt haben, dass das vermutete Engagementpotenzial im Umfeld von Migrantenorganisationen real ist und mit entsprechender Förderung aktiviert und unterstützt werden kann.