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Bund der Türkischen Lehrervereine in Deutschland (ATÖF): Resolution zum Tag der Muttersprache(n) – „Zweisprachigkeit ist unser Reichtum“

Freitag, der 5. März 2021aus den Mitgliedsorganisationen

Bund der Türkischen Lehrervereine in Deutschland (ATÖF)

Resolution zum Tag der Muttersprache(n) – „Zweisprachigkeit ist unser Reichtum“

Jeder Mensch hat ein Recht auf seine Muttersprache und das Recht sich in dieser zu entfalten. Um diesem Anspruch zu genügen, müssen die Herkunftssprachen auch im Unterricht gefördert werden. Davon sind unsere Schulen noch weit entfernt.
Die türkische Sprache, die zu einer der meistgesprochenen Sprachen in Deutschland zählt, wird an deutschen Schulen unzureichend gefördert und wertgeschätzt. Sie zählt, wie einige andere Herkunftssprachen, auch nicht zu den sogenannten Prestigesprachen und wird somit im Bereich der Bildung wenig berücksichtigt und nicht als Bildungssprache anerkannt. Dem muss entgegengewirkt werden!

Gerade im Zuge der Globalisierung ist die Mehrsprachigkeit eine kostbare Ressource, die wirtschaftliche und kulturelle Vorteile in sich birgt und daher geschützt und gefördert werden muss. Zweisprachig aufwachsende Menschen kennen und agieren in zwei Kulturen und können leichter interkulturelle Beziehungen aufbauen. Die Ressource der Mehrsprachigkeit nicht zu nutzen, ist die Verschwendung einer kostbaren Kompetenz.

So können sich beispielsweise die Kompetenzen in der Herkunftssprache positiv auf den Zusammenhalt der Familie auswirken. Bildungserfolge sind keineswegs durch Zufälle bestimmt. Bildungssprachliche Kompetenzen in der Herkunftssprache unterstützen die Entwicklung der Sprachkompetenz in allen anderen Sprachen. Diese Ressource muss jedoch stärker genutzt und entwickelt werden, um die schulischen Erfolgschancen zwei- und mehrsprachiger Kinder und Jugendlicher zu erhöhen. Außerdem wird die Wertschätzung und damit auch Förderung der Herkunftssprachen zu einem größeren Selbstwertgefühl der in Deutschland lebenden Migranten führen. Wer unsere Demokratie stärken will, muss die Mehrsprachigkeit als unverzichtbare Ressource für unseren Zusammenhalt stärken. Mehrsprachigkeit ist keine abstrakte Vorstellung, sie ist Ausdruck einer globalisierten Welt, sie bildet die Identität vieler Menschen in der Gesellschaft ab und sie ist ein Schatz!

Anlässlich zum Tag der Muttersprachen fordern wir daher:

  1. Der mutter-/herkunftssprachliche Erziehung im Türkischen muss bereits in Kindergärten und Vorschulen angeboten werden.
  2. Der HSU-Türkisch muss dem Regelunterricht gleichgestellt werden. Das bedeutet, dass Türkisch von der Primarstufe an zeugnis- und versetzungsrelevant und gleichberechtigt mit anderen Fächern als mutter-/herkunftssprachlicher Unterricht, an   weiterführenden Schulen als Wahlpflichtunterricht angeboten werden muss.
  3. Türkisch muss in das Register der Fremdsprachen aufgenommen und auch für Nichtmuttersprachler angeboten werden.
  4. Türkisch muss in allen Bundesländern als Abiturfach bzw. Prüfungsfach zugelassen werden.
  5. Türkisch muss von für dieses Fach ausgebildeten Lehrer/-innen (mit geeigneten
    Unterrichtsmaterialien) unterrichtet werden. Für die vorhandenen Lehrer/-innen
    müssen die Bundesländer, die dafür notwendigen Fort-/Weiterbildungen anbieten.
  6. Die Hochschulabschlüsse der Türkischlehrkräfte, die nach dem Recht des Herkunftslandes den Zugang zur Ausübung des Lehrerberufes ermöglichen, müssen anerkannt und den hiesigen Abschlüssen, gemäß der EU-Richtlinie, gleichgestellt werden.
  7. Die Anzahl der Universitäten/Hochschulen, die Türkisch in der Lehramtsausbildung anbieten, sollte nicht verringert, sondern vermehrt werden. In diesem Zusammenhang sollte das geplante Auslaufen des Lehramtsstudiums des Faches Türkisch an der Universität Hamburg zurückgenommen werden.
  8. Türkisch als herkunftssprachliche Unterricht soll schulorganisatorisch möglichst in die Regelunterrichtszeit integriert und dort angeboten werden. Bei der Gruppenbildung soll die Mindestanzahl der Schülerinnen und Schüler in der Sek. I und in der Primarstufe auf 12 reduziert werden.
  9. Den Türkischlehrkräften sollte der Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen eröffnet werden, damit sie die volle Lehrbefähigung für ein anders Unterrichtsfach ihrer Wahl erhalten können. Auch für die Unterrichtsentwicklung sind regelmäßige Fortbildungen für HSU- Türkischlehrkräfte anzubieten.
  10. Um die Integration der Lehrkräfte in die Kollegien ihrer Stammschulen und ihr Einwirken auf die pädagogischen Konzepte zu ermöglichen, soll der Einsatz an mehreren Standorten bzw. Schulformen möglichst minimiert, im optimalen Fall auf eine Schule beschränkt werden.

Bund der Türkischen Lehrervereine in Deutschland (ATÖF) Türkischer Lehrerverein Rheinland-Pfalz/Saarland
Türkischer Lehrerverein in Bielefeld und Umgebung e.V.
Lehrerverein Ruhr
Türkischer Lehrerverein Hamburg e.V.
Türkischer Lehrerverein Nordrhein-Westfalen e.V.
Türkischer Lehrerverein in Gelsenkirchen
Türkischer Lehrerverein in Hessen e.V.
Verband der Lehrer*innen aus der Türkei in NRW