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Der Prozess gegen deutsche Stiftungen in Ankara schadet den deutsch-türkischen Beziehungen

Freitag, der 31. Januar 20032003, Pressemitteilungen, Themen, Türkei und EU

Am 26. Dezember 2002 begann der Prozess in Ankara gegen die Vertreter der Konrad-Adenauer-, Friedrich-Ebert-, Heinrich-Böll- und Friedrich-Naumann-Stiftung, des deutschen Orientinstituts sowie gegen die jeweiligen türkischen Partner. Über die Vorwürfe gegen diese Stiftungen wird in der Türkei seit einigen Jahren diskutiert. Sie sind auch Gegenstand eines Buches geworden, in dem den Stiftungen vorgeworfen wird, dass diese mit ihrer Arbeit separatistische und islamistische Gruppierungen unterstützen, sowie Umweltschützer mit dem Ziel einer Destabilisierung der Türkei fördern.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland und ihre Mitgliedsverbände arbeiten seit vielen Jahren mit den deutschen Stiftungen zusammen. Viele unserer Wochenend-seminare werden ohne Einflussnahme auf unsere eigenständige Arbeit auch finanziell – insbesondere von der Friedrich-Ebert Stiftung – gefördert.

Unsere doch nicht seltene Kritik, die auch gegen Teile der Politik der Parteien und Regierungen zum Ausdruck kommt, war dabei nie Gegenstand einer Diskussion.

Gerade deshalb verdienen die deutschen Stiftungen unseren Dank und unsere Anerkennung.

Deshalb können wir uns nicht vorstellen, dass die vom Staatssicherheitsgericht in Ankara gegen die deutschen Stiftungen erhobenen Vorwürfe haltbar sein können.

Die sicherheitspolitischen Interessen der Türkei genießen ohne Zweifel – wie bei allen anderen Staaten auch der Fall – höchste Priorität und werden von manchen Organen des türkischen Staates auch anders definiert, als sie beispielsweise von den deutschen Stiftungen bewertet werden. Durch Veröffentlichungen entstand in Teilen der türkischen Öffentlichkeit der  Eindruck, die deutschen Stiftungen seien an einer Destabilisierung der Türkei interessiert. Offensichtlich wurden die öffentlich geäußerten Vorwürfe gegen jene deutsche Stiftungen, so unbegründet und haltlos sie auch sein mögen, von diesen nicht genügend ernst genommen und rechtzeitig entkräftet, bevor es zu diesem Prozess kam.

Umweltschutz ist beispielsweise längst keine nationale Angelegenheit mehr.

Vielmehr sollten wir all denjenigen dankbar sein, die sich weltweit für den Schutz der Umwelt engagieren.

Dieser Prozess belastet die deutsch-türkischen Beziehungen. Mithin würden wir es sehr begrüßen, wenn er bald aus Mangel an Beweisen eingestellt wird.

Prof. Dr. Hakkı Keskin