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Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Ein Scheinriese ohne wirksamen Diskriminierungsschutz

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Pressemitteilung vom 25.11.2020

Maßnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Ein Scheinriese ohne wirksamen Antidiskriminierungsschutz

Berlin – Der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus hat seinen Maßnahmenkatalog veröffentlicht. Das 89-Punkte-Papier bietet in der jetzigen Fassung neben einigen konstruktiven Ideen vor allem viel Interpretationsspielraum: Nach einem radikalen Paradigmenwechsel in der Integrations-und Migrationspolitik, den wir uns als Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) gewünscht hätten, klingt er nicht. Viele und vor allem verbindliche Konkretisierungen stehen noch aus.

 

Die TGD begrüßte die Einsetzung des ressortübergreifenden Kabinettsausschusses im März 2020 ausdrücklich. Zum nun veröffentlichten Maßnahmenkatalog erklärt Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der TGD: „Der Maßnahmenkatalog enthält einige sehr wichtige Punkte, etwa im Hinblick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das so wichtige Demokratiefördergesetz. Wir sehen, dass hier unser unermüdlicher zivilgesellschaftlicher Einsatz Gehör gefunden hat. Wir sehen aber auch: Zentrale Punkte fehlen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt an keiner Stelle vor, ebensowenig eine gesetzliche Grundlage für Diskriminierungsschutz und gleichberechtigte Teilhabechancen.“

Mit dem Maßnahmenkatalog ist es wie mit dem Scheinriesen aus Michael Endes Roman über Jim Knopf. Aus der Entfernung kommt er einem wirklich groß vor, je näher man dem Plan allerdings rückt, desto kleiner wird er. Im Gegensatz zur Antirassismus-Agenda 2025 für eine rassismusfreie Gesellschaft der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen, die mögliche Veränderungen bis ins Messbare beschreibt, ist dieser Maßnahmenkatalog eine Ansammlung von Stichpunkten, einer Erweiterung bestehender Projekte und Programme, weitestgehend ohne Kennzahlen.

„Wenn wir uns als NGO mit Projekten um Steuergelder bewerben, müssen wir genau beschreiben, Wer, Was, bis wann und zu welchem Zweck unternimmt und welche messbaren Ergebnisse dies bringen wird. Dieses Niveau erreicht der Katalog leider überhaupt nicht. Wie tiefgreifend die Vorschläge tatsächlich wirken können, lässt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht beurteilen“, ergänzt Sofuoğlu.

Die TGD wünscht sich für die weitere Arbeit des Kabinettsausschusses vor allem, das Potential der zahlreichen Katalogpunkte zu nutzen und eine verbindliche und konkrete Umsetzung in die Wege zu leiten. Die Umsetzung der Maßnahmen sollte insbesondere regelmäßig diskutiert, evaluiert und aktualisiert werden. Es braucht einen wiederkehrenden Austausch. Mit dem vorgeschlagenen Beirat oder dem Dialog auf höchster politischer Ebene sind die Orte für einen Austausch ja vorgesehen.

„Nur durch verbindliche und nachhaltige Maßnahmen können wir wirklich Vertrauen schaffen bei den Menschen, die von Rassismus und Rechtsextremismus betroffen sind. In diesem Sinne kann der Kabinettsausschuss ruhig noch ein wenig von der Antirassismus-Agenda 2025 abschreiben“, so Sofuoğlu abschließend.

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